Heterogenität & Diversität

"Heterogenität und Diversität" an Professur und ZLF
2008 wurde das "Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" als Konsequenz der "Salamanca Erklärung und des Aktionsrahmens zur Pädagogik für besondere Bedürfnisse" (special needs) im Kontext der internationalen Konferenz "Pädagogik für besondere Bedürfnisse: Zugang und Qualität" des Jahres 1994 ratifiziert und ist seit dem 26. März 2009 für Deutschland verbindlich. Die Konvention fordert den Aufbau und die Sicherstellung eines inklusiven Erziehungssystems auf allen Ebenen (UNO, 2008, Artikel 24) für "all children regardless of their physical, intellectual, social, emotional, linguistic or other conditions. This should include disabled and gifted children" (UNESCO, 1994, 6).
Nachdem sich Professurinhaber und Mitarbeiterinnen bereits seit Längerem im Rahmen der traditionellen und inklusiven Begabungsforschung und -förderung mit Heterogenitäts- und Diversitätsaspekten von Kindern und Jugendlichen mit special needs beschäftigt hatten, gründete der Professurinhaber 2020 am Passauer Zentrum für Lehrerbildung und Fachdidaktik (ZLF) die neue Abteilung "Heterogenität, Diversität und Nachhaltigkeit". Zunächst geleitet von Prof. Dr. Matthias Brandl (Didaktik der Mathematik) ging die Abteilung 2022 (nach Abtrennung des gewachsenen Bereiches Nachhaltigkeit als neue Abteilung "Bildung für nachhaltige Entwicklung") als ZLF-Abteilung für "Heterogenität und Diversität" in die Leitung von Dr. Stefanie Winkler (Didaktik der Mathematik) über, die zuvor die Stellvertretung inne hatte.
Sowohl an der Professur selbst als auch in der ZLF-Abteilung arbeitet das Team der Passau Mathematikdidaktik interdisziplinär mit Kolleginnen und Kollegen an einschlägigen Projekten, die insbesondere den Inklusions-, Heterogenitäts- und Diversitätsaspekt in den Fokus nehmen.
Beispielhafte bisherige Forschungsaspekte an der Professur:
A) Kinder, die sowohl eine Behinderung als auch eine Begabung aufweisen (disabled and gifted), werden als doppelt exzeptionell (twice exceptional) bezeichnet, und stellen für die Lehrkraft eine besondere Herausforderung dar. Generell ist zur adäquaten Förderung vorliegender mathematischer Begabungspotenziale bei Schülerinnen und Schülern zunächst deren Identifikation bzw. eine entsprechende Sensibilisierung der Lehrkraft vonnöten. In Bezug z.B. auf hörgeschädigte Schülerinnen und Schüler gelten hierbei allerdings besondere Spezifika, die u.a. mittels qualitativer Einzelfallstudien verdeutlicht werden können (siehe z.B. Brandl & Nordheimer, 2016).
B) Prozessbasierte Diagnose und inklusive Förderung von mathematischen Begabungspotenzialen, speziell im Kontext einer begabungsgestützten Entfaltung und individualisierenden Förderung mathematischer Kompetenzen im KLassenalltag des Grundschulunterrichts (siehe z.B. Winkler, 2020; Winkler & Brandl, 2016).
C) Zusammenhang zwischen Hochsensibilität, (intellektueller) Übererregbarkeit und mathematischer Begabung (siehe z.B. Brandl & Szabo, 2019).
D) Internationale kulturelle Heterogenitäts- und Diversitätsaspekte im Mathematikunterricht (siehe z.B. Guncaga, Brandl & Körtesi, 2019)
Ausgewählte aktuelle Arbeitsaspekte der ZLF-Abteilung:
a) Inklusive Begabungsförderung (Winkler): "Im Kreativraum „Mathewerkstatt“ laden Workshops und Lernumgebungen Studierende, Lehrkräfte, Kinder und Familien dazu ein, die Idee des Atelierunterrichts zu erproben und zu multiplizieren. Ganz im Sinne einer inklusiven Begabungsförderung!
Unter dem Motto „Gemeinsam Besonderes aufspüren“ wird Unterrichtsentwicklung in Kleingruppen konkret. Studierende bringen als Tutoren oder Innovationsteams ihre Ideen ein und begleiten dabei individuelle Entwicklungsprojekte von Schulen, Lerngruppen, Arbeitskreisen und Lehrkräften unterstützend vor Ort.", siehe auch Lernwerkstatt Mathematik und "MAP" - Das Mathe-Atelier Plus.
b) Frühförderung bei erhöhtem Förderbedarf im Projekt "PASSgenAU" (Seibert/Aigner)
c) MINT-Frauenförderung (Fraser)
Literatur:
Brandl, M., & Nordheimer, S. (2016). Spezifika der Identifikation mathematischer Begabung bei Hörschädigung.Lernen und Lernstörungen 2016, Themenschwerpunkt Hochbegabung, 5(4), Hogrefe, 233–245. https://doi.org/10.1024/2235-0977/a000152
Brandl, M., & Szabo, A. (2019).Overexcitability, iconoclasm and mathematical creativity & giftedness. In Nolte, M. (Ed.), Including the Highly Gifted and Creative Students – Current Ideas and Future Directions: Proceedings of the 11th International Conference on Mathematical Creativity and Giftedness (MCG11): 22.08.2019 – 24.08.2019 Universität Hamburg, Germany(pp. 53–58).Conference Proceedings in Mathematics Education, Bd. 5. WTM. https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hbz:6-82189522597
Winkler, S. (2020). Gemeinsam besonders? - Begabungsgestützte Entfaltung und Individualisierung mathematischer Grundkompetenzen. Pädagogische Professionalisierung und Schule, Praxis-Forschung, Bd. 4., LIT. https://www.lit-verlag.de/isbn/978-3-643-14719-6
Winkler, S., & Brandl, M. (2016). Process-Based Analysis of Mathematically Gifted Pupils in a Regular Class at Primary School. In K. Krainer & N. Vondrová (Eds.), Proceedings of the Ninth Congress of the European Society for Research in Mathematics Education (pp. 1011–1012). Charles University in Prague, Faculty of Education, and ERME. https://hal.archives-ouvertes.fr/hal-01287321